Tja, liebe Kinder, gebt fein acht, ich hab‘ den Sandmann umgebracht… Hört genau zu, wie es früher war, in den wilden 70ern. Da war euer Opa immer gegen alles. Knallhart. Was es auch war. Französisch-Arbeit - dagegen. Schaffner - dagegen. Strauß, Schmidt, Kohl, Filbinger, Späth, Reagan, die Päpste - dagegen. Heino sowieso und die Charts auch - dagegen. Kapitalismus, Atomkraftwerke, Krieg - voll dagegen, sogar gegen demonstriert, sowas gab es damals noch.
Ha: Ich war sogar gegen Fußball und Lotto. Weil das eine waren Brot und Spiele und das andere lähmte den revolutionären Elan der Massen… Oder so.
Ich war auch gegen Deutschland. Was? Da braucht ihr gar nicht so zu schauen. Deutschland ging gar nicht. Im Sommer flüchtete ich nach Italien an den Gardasee und wetterte gegen die deutschen Touristen.
Grundschule, Gymnasium, Internat, Studium. Wir führten ein Leben auf einem Bildungs- und Wohlstandsniveau, wie es das in der Geschichte der Menschheit zuvor nie gegeben hatte. Stellt euch mal vor: Ich hatte ein Zimmer von 15 Quadratmetern für mich alleine. Und es war auch noch beheizt. Ich fuhr mit 18 ein eigenes Auto. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, mich bei Deutschland dafür zu bedanken. Vielleicht bei Bob Dylan. Aber sicher nicht bei Deutschland.
Mitte der 70er kam dann der Bruch, die "Rot-grünen Jahre". Da konnte man nicht mehr so richtig dagegen sein. Aber auch nicht dafür. Fatal. Ich versuchte mich ein wenig mit Möllemann und Roland Koch über Wasser zu halten, aber es war schwierig.
Es folgten tatsächlich dreißig schwierige Jahre . Ohne richtigen Gegner. Glücklich wurde ich erst wieder um das Jahr 2010 herum. Der Erlöser hieß Guido Westerwelle. Der Mann ging gar nicht. Endlich wieder ein Politiker, der meine wichtigsten emotionalen und kulturellen Bedürfnisse verstand. Und befriedigte. Und dann ging es plötzlich Schlag auf Schlag, Atomkonsens futsch, Gorleben wacht auf, Stuttgart 21. Endlich gibt es wieder Leute, und zwar viele, die wieder gegen was sind.
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