Mit Adjektiven muss man sparsam und vorsichtig umgehen. Ausgerechnet die ansonsten so sprachsensible taz ist vorgestern in die Falle getapert als sie Merckles Selbstmord als „tragisch“ bezeichnete. „Traurig“ ist er sicherlich weil auch so sinnlos. Tragisch meint aber, dass ein Mensch am Widerstreit zwischen zwei Wertvorstellungen unausweichlich zerbricht und meist sterben muss. Romeo und Julia zerbrechen am Widerstreit der beiden Werte Liebe und Familie und begehen Selbstmord. Antigone zerbricht zwischen den Werten Recht und Tochterliebe, sie begräbt ihren Vater obwohl der Staat aus Gründen der Raison forderte, den Leichnam vor der Stadt verrotten zu lassen. Sie wird zum Tode verurteilt, begnadigt, begeht aber dennoch Selbstmord. Tragisch das.
Bei Merckle kann ich diesen Widerstreit zwischen zwei Werten nicht erkennen, obwohl ich einen ganzen Abend bei einer halben Flasche Wein drüber nachgedacht habe. Bin gespannt ob die Journaille das in den nächsten Tagen noch hinbekommt.
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