Ich bin verpflichtet, mich mindestens drei Monate vor Verlassen der TUI beim Arbeitsamt zu melden. Also quälte ich mich heute Morgen um acht dorthin, zu Behörden muss man früh gehen, dachte ich. Ich erwartete Massen von Menschen, die sich ausdünstend auf engen Gängen drückten, schlechte Luft und mies gelaunte Beamte. Es ist 15 Jahre her, dass ich das letzte Mal dort war. Aber: Alles ist anders: Das Arbeitsamt heißt jetzt Arbeitsagentur. Am frühen Morgen war es völlig leer dort, die Rolltreppe fuhr ohne Passagiere durchs Haus. Wahrscheinlich wird es erst um die Mittagszeit voller, wenn die Arbeitslosen ausgeschlafen haben. Der Dame an der Rezeption wollte ich mein Anliegen schildern, aber sie unterbrach mich:“Sind sie Akademiker?“ Da ich nicht fand, dass das eklig ist, bejahte ich erstaunt. Sie drückte mir eine Karte und einen Fragebogen in die Hand und hieß mich in den Warteraum für Akademiker zu gehen, dort würde ich aufgerufen. Nun, ich ging wie mir beschieden. Es stellte sich heraus, dass der Warteraum für Akademiker auch für jugendliche und behinderte Arbeitslose war – wahrscheinlich sind wir alle Randgruppen. Dennoch war ich der einzige Gast. Als dann eine rotgesichtige, am ganzen Körper zitternde Alkoholikerin auf ihre Tochter gestützt den Warteraum betrat, war ich dann doch irgendwie in meiner Erwartungshaltung bestätigt. Ich hatte kaum meinen Fragebogen ausgefüllt, da kam meine „Beraterin“. Nach kurzem Plausch war sie doch etwas enttäuscht, ich suchte keinen neuen Job und wusste ja schon genau, was ich wollte. Sie gab mir dann eine „Kundennummer“ und war froh, dass sie mir einen Beratungstermin bei einem Kollegen für Gründerfragen machen konnte, ich bekam eine schriftliche „Einladung“. Anfang März habe ich meinen Termin, um 15 Uhr, zu diesem Zeitpunkt ist die Arbeitsagentur geschlossen. Ich darf aber klingeln, mit meiner Kundennummer erhalte ich Einlass.
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