Neulich bei Lidl traf mich – krawumm – die gewaltige Preisexplosion der Milch. Die Druckwelle schleuderte mich in die hinterste Ecke des Supermarktes, wo ich liegen blieb, Tetrapaks flogen mir um die Ohren, ich dachte über Milch nach und stellte fest, dass die meisten meiner Erinnerungen traumatischer Natur waren:
Meine erste Begegung mit Milch hatte ich wahrscheinlich mit fünf Jahren. Meine Oma väterlicherseits schickte mich mit einer blechernen Kanne zum „Konsum“, wo aus einem riesigen Behälter die Vollmilch lose in die Kanne gegossen wurde. Das ging so lange, bis sich eines Tages Rexxie, der Schäferhund eines Nachbarn mir in den Weg stellte. Für mich gab es nur die Wahl, entweder der Hund oder links über den Steg in die Aue, das kleine Flüsschen, das meinen Weg begleitete. Da ich schon damals schreckliche Angst vor Hunden hatte, wählte ich die Aue. Das problematische daran war lediglich, dass ich eigentlich noch nicht schwimmen konnte. Nur der beherzte Sprung eines größeren Nachbarsjungen rettete mir das klägliche Leben. Die Milch samt Blechkanne hatte die Aue unwiderbringlich verschluckt.
Im Internat gab es morgens, mittags und abends Milch als Getränk. Wir tranken aus dicken Plastikbechern, die im Laufe der Zeit eine seltsame Verbindung mit der Milch eingingen, was dazu führte das, sowie sich die Nase in den Becher senkte, ein seltsam modriger Geruch entwickelte, der bei mir spontane Würgereize hervorrief. Ich zog fürderhin als Getränk den roten oder gelben „Blümchentee“ vor, der alternativ angeboten wurde.
In den Sommerferien besserte ich mein karges Taschengeld durch Arbeit im Krankenhaus auf. Jeden Morgen kam dort ein tätowierter Schiffsschaukelbremser mit einem großen Tankwagen und füllte mit einem dicken Schlauch eine gigantische Stahlwanne im Krankenhauskeller. Bewehrt mit einer bodenlangen weißen Gummischürze und kniehohen Gummistiefeln musste ich ihm dabei zur Hand gehen. Alles ging gut, bis eines Sonntagmorgens, der Schiffsschaukelbremser hatte wohl am Vorabend auf dem Schützenfest zu viel Lüttje Lage konsumiert, jedenfalls entglitt ihm der Schlauch, der wie eine lebendige Schlange in der Gegend tänzelte únd mich vermilchte. Die weiße Flüssigkeit sass in den Haaren, in den Augen, knietief den Stiefeln und rann mir den Rücken runter in die Unterhose. Es war ein sengendheißer Sommertag und bis ich zu Hause war hatte sich die Milch vergoren, fermentiert, ich weiß es nicht. Jedenfalls machten die Gummistiefel ein schmatzend, saugendes Geräusch, als ich sie auszog und eine klumpige weiß-schleimige Masse versrtrömte einen säuerlichen Geruch, dass mir wieder speiübel wurde.
Seitdem nehme ich Milch nicht mehr rein, sondern höchstens in Kinder-Schokolade, im Milchkaffee oder im Müsli zu mir.
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