Ich bin ein friedliebender Mensch. Zwar gibt es Kollegen, die würde ich am liebsten gleich auf dem Gang niederschlagen, aber sowohl diessseits als auch jenseits des Berufslebens ergriff ich nie tatsächlich Hand gegen Weib, Kind oder Andere.
Ich gestehe, ich war bei der Bundeswehr und erwarb dort sogar die silberne Schützenschnur und andere Auszeichnungen, aber keine Kneipenschlägerei seit 1979 kann sich meiner Teilhabe rühmen.
Aber als ich in der dieswöchigen taz-Rubrik „Die Woche der schlimmen Finger“ las, da fiel mir auf, wie ähnlich doch einige Biografien verlaufen.
Es gibt Phasen meiner Kindheit und Jugend, die mir heute noch Sorgen machen, z.B.:
- die Erpressungen, die wir an unserem Schulkameraden, dem rothaarigen Fissy begingen,
- unsere Raubzüge im „Seifen-Platz“ (heute Kd) und in verlassenen Hotels
- die gewaltsamen, nächtlichen Zwangsbadungen an hygieneschwachen Mitinternatseleven
Oder die Sache mit den Fliegen und Maikäfern...
Von wegen „der kann doch keiner Fliege etwas zu Leide tun“. Ich war in der Grundschule zweite Klasse und mußte Sandalen tragen (deshalb hasse ich die heute). Vielleicht als Kompensation dafür (oder auch nicht, ich weiß es nicht mehr so Recht) fing ich Fliegen und sperrte sie in die berühmten Lego-Autogaragen mit dem sagenumwobenen Klappmechanismus. Mitschüler rissen ihnen die Flügel aus und frönten ihrem wissenschaftlichen Interesse, wie lange die armen Kreaturen sich auf den bloßen Füßen halten konnten. Das war mir zu profan. Einem diffusen Forscherwahn folgend setzte ich mir das Ziel, die Brennbarkeit von Uhu-Kleber zu erforschen: Ich fixierte die Fliegen damit auf einer nicht-brennbaren Unterlage...
Ich weiß, es ist furchtbar. Und die Tastatur sträubt sich unter meinen Händen. Aber ich verrohte damals etwas und brauchte ständig neue Sensationen. Mittlerweile hatte ich ein Institut zur Maikäferdressur gegründet, das allerdings der Insolvenz zustrebte, denn die Maikäfer wollten nicht wie ich. Meine Geduld mit den Tieren war viel zu schnell am Ende und ich wollte ein Exempel statuieren, ich wollte ihnen zeigen, was ihnen blüht, wenn sie meinen Forderungen nicht nachkamen.
Dazu brauchte ich nur einen Streifen Tesafilm und einen Teppichknaller. Das waren damals kleine, in Zehnerstreifen zu erwerbende Knallkörper. Ich befestigte den Teppichknaller per Tesafilm an dem Maikäferrücken und entzündete die Lunte. ..
Er mag einen Moment von der großen Freiheit geträumt zu haben, er setzte zum Start an, bsss, bsss... und rrrrrrummms...
Zurück blieben verkohlte Insektengliedmaßen und ein heiser kichernder Knabe in braunen Sandalen.
Ich finde, dass wir als Kinder und Jugendliche ziemlich schlimme Dinge getan haben. Heute bin ich da viel braver.
Kommentiert von: wth40plus | Montag, 16. April 2007 um 14:53 Uhr
Wenn ich mir "jung und pleite" durchlese und dann das hier. dann kann ich mich nur wundern, dass doch noch etwas aus dir geworden ist. Oder machst du uns allen etwas vor und du bist in Wirklichkeit ein ganz Perverser?
Kommentiert von: kieke | Freitag, 13. April 2007 um 15:15 Uhr