Der französische Philosoph Jean Baudrillard ist tot. Kennt den einer? Vielleicht noch von der Zeit kurz nach 9/11, da erzählte der Meister der Simulakren, der Terrorakt auf das World Trade Center sei ein Pseudoereignis…
Ende der 70er haben wir Junggermanisten alle sein Buch „Der symbolische Tausch und der Tod“ gelesen. Oder vielmehr wir lasen eine selbstgefertigte, am Rand geleimte Kopie des Buches, weil wir es uns einfach nicht leisten konnten.
Baudrillard war faszinierend, weil er so provozierend war. Was er behauptete, das leuchtete einfach ein, ohne dass er seitenlange Beweise liefern musste. Ausgehend vom damals gerade aufkommenden Plastikgeld (symbolischer Tausch, ohne dass überhaupt noch Geld in die Hand genommen werden muss) stellte er die These auf, dass unsere Wirklichkeit verschwindet und nur noch eine von den Medien produzierte übrigbleibt.
Nach den Golfkriegen, nach Big Brother und jetzt Second Life haut uns das heute nicht mehr um. Unsere Wirklichkeit ist nur noch gemacht. Damals war es sensationell. Ich sehe den Alten förmlich an der Himmelspforte mit Petrus diskutieren und ihm klarmachen, dass er doch nur ein Avatar ist…
Nr 48 ist doch auch Mitte der 70 erscheinen. Da hat doch die Literatur das erzählt, was die Philosophie vorgedacht hat...
Kommentiert von: wth40plus | Donnerstag, 08. März 2007 um 13:57 Uhr
Nein, nicht Pseudoereignis: Baudrillards These der Hyperrealität besagt also nicht, dass niemand mehr von Treppen falle oder von Clusterbomben und Katjuschas getötet werde. Sondern dass die Bedeutung dieser Ereignisse von den Zeichen abhängen, die man ihnen zuweist. Dies lässt sich nicht einfach als "Baudrillardismus" abtun.
Und hier nochmals die taz:http://www.taz.de/pt/2007/03/08/a0163.1/text
Kommentiert von: webb traverse | Donnerstag, 08. März 2007 um 13:50 Uhr
Hier übrigens ein guter Nachruf in der taz: http://www.taz.de/pt/2007/03/08/a0165.1/text
Kommentiert von: webb traverse | Donnerstag, 08. März 2007 um 13:45 Uhr
Habe ja länger nichts gesagt hier, aber ich finde Pynchon ist da der Größere. Was war denn "die Versteigerung von Nr. 48" anderes?
Kommentiert von: webb traverse | Mittwoch, 07. März 2007 um 15:35 Uhr