Ich bin in so einer Erhebungsgruppe, die in regelmäßigen Abständen an Umfragen zu den verschiedensten Themen teilnimmt. Wahrscheinlich bin ich so normal, durchschnittlich und langweilig, dass man mich unbedingt in so einer Gruppe haben wollte.
Zuletzt ging es um Medienkonsum: Bei der Beantwortung der Fragen stellte ich fest, dass ich wohl ein ausgesprochen merkwürdiges Medienverhalten habe. Ich lese zum Beispiel den Spiegel immer von hinten, weil da der Hohlspiegel, dann die Verluste und dann das Kulturelle kommen. Bei der „Zeit“ suche ich mir immer erstmal den Leitartikel aus dem Feuilleton, verdaue den 350-Zeilen-Klopper und lese dann meist erst Headline und Bildunterschrift. In der Bild schlage ich immer zuerst die Kolumne auf, wo uns der alte Sack von Rainer Wagner die Welt erklärt, und dann erst noch ein Blick ins Horoskop, bevor ich mir die junge Dame von der Titelseite mit den gynäkologischen Einsichten zu Gemüte führe. Es ist das sogenannte von-hinten-lesen, das als neueste Reaktion auf die Infoflut zu deuten ist. Nicht zu verwechseln übrigens mit dem Querlesen, dem Garnicht-Lesen oder dem Mal-was-anderes-Lesen, dass sich vor allem in Badezimmern durchgesetzt hat, wo man sich von der spröden Prosa eines Shampooherstellers fesseln lassen kann.
Auf diese Weise arbeitet man sich langsam vom Leichten zum Schweren vor. Richtig guerillamäßig finde ich, was ein Kollege so liebt, er stellt den Deutschlandfunk gerne um Mitternacht ein, wenn die Nationalhymne kommt. Beim Fernsehen geht das übrigens nicht. Guckt man da Sendungen von hinten, dann gehen sie kaputt.
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