Neulich war ich ja mit meiner Frau in Metzingen beim Outlet-Store von Hugo Boss. Dort bekommt man in einem alten Fabrikgebäude edle Männerklamotten zum Schleuderpreis. Dort hat meine Frau versucht, mir einen Cordanzug anzupassen. Vergeblich. Mir war klar, dass sie das nur als Taktik angewandt hatte, um mich zu einem mafiösen Nadelgestreiften zu überreden. Was ihr auch gelang. Die Unmengen von Cordanzügen dort weckten aber meine Erinnerungen...
Es waren die Jahre meiner Gymnasialjugend, die wilden Frühsiebziger. Damals war alles aus Cord: Hemden, Hosen, Jacken, Anzüge, Autositze, ich fürchte sie haben sogar Kreißsäle damals in braunem Cord ausgeschlagen. Lehrer, die etwas auf sich hielten, die trugen Stirnhöhlenentzündungsgelbe Cordanzüge mit braunen Lederellenbogenschützern. Man sprach übrigens damals nicht von Cord, sondern von „Manschester“ (habe nie herausgefunden warum). Anfang der Achtziger war plötzlich Schluß, es wurde ein Cordtabu ausgesprochen, alles aus Cord kam in die Altkleidersammlung. Wer danach noch eine Vorliebe für Cord hatte, der war Fashionschrulle und mußte mit dem Spott angetrunkener Freunde rechnen (Ausnahme: er war Linguistikdozent an der hannoverschen Uni). Wer partout nicht auf Cordhosen verzichten wollte, der mußte die Objekte seiner Begierde in dunklen Seitenstraßen bei Zeitschleifenherrenausstattern erwerben, die nach Pitralon riechen und ihr dünnes, schulterlanges Seitenkopfhaar quer über die Glatze legen und mit Butterschmalz fixieren.
Vor etwa zwei Jahren ging es dann langsam los. Erst selten, dann immer regelmäßiger, wie zur langsamen Immunisierung, tauchten bei H&M und anderen Mainstreameinkleidern Cordprodukte auf. In kleinen Auflagen mal ein Rucksack, mal ein Hemd. Dann kam Jörg Pilawa, die Lätta unter den Moderatoren, mit Cordanzug und aus der Hose hängendem Weißhemd. Und neulich sah ich es auf dem Bahnhof: eine blonde Hippieschöne mit knielangem, diarrhöebraunem Cordmantel mit Fellkragen. Wow! Tja, und auf dem letzten FAZ-Seminar stand ich am Urinal plötzlich zwischen zwei Cordanzügen...
Ich werde also keinen Cordanzug erwerben, ich beschränke mich auf zwei Hosen, eine in obengenanntem Gelb, die andere in einem undefinierbaren Rotbraun. Mehr werde ich dem Fashiondruck nicht nachgeben. Aber ich überlege, ob ich mich in dunklen Seitenstraßen schon vorsorglich mal nach einem armeedeckenartigen Tweedanzug umschaue?!?
Mokassins für Männer finde ich ganz furchtbar. Fliegen sind mir ein Graus, deshalb habe ich auch noch keinen Smoking, ich weiß keine Alternative zur Fliege.
Kommentiert von: wth40plus | Donnerstag, 19. April 2007 um 10:29 Uhr
Beim "Durchlesen" deines Blogs bin ich darauf gestoßen. Also der Designer Tom Ford sagt, dass Cord grundsätzlich "fett" macht und er rät von kompletten Cordarrangements, also auch Anzügen, ab.
Wenn ich das richtig sehe magst du also keine Cordanzüge, Sandalen und keine Lederwesten. Noch was?
Kommentiert von: mario conde | Dienstag, 17. April 2007 um 11:20 Uhr
Es gibt noch etwas anderes, was ich mich frage: Macht Cord alt?
Kommentiert von: wth40plus | Dienstag, 20. Februar 2007 um 15:07 Uhr
Herr Windus-Dörr,
ich glaube ich kann Sie beruhigen. Es gibt eben bestimmte Dinge, die sind zeitlos. Gottlob und gut so: Burlington Socken, Tweed, Haflinger-Schuhe, überhaupt Trachtenmoden, Smokings und Anzüge. Selbst wenn es da Trends gibt wie Vier-Knöpfer, breites oder schmales Revers etc. Ein, zwei Jahre im Schrank hängen lassen, dann ist es wieder modern.
Ähnlich scheint es mir mit Cord zu sein, das bleibt immer latent tragbar, auch wenn es mal gerade nicht "hip" ist.
Ihr
EFD
Kommentiert von: E.F. Dräcker | Donnerstag, 08. Februar 2007 um 09:41 Uhr
Stimmt absolut. Ich habe vor zwei oder drei Jahren an eine kurzzeitige Geschmacksverirrung gedacht. Aber Cord hat sich seitdem gehalten, mein Chef trägt öfter Cordanzüge, meine Frau hat einen Cordrock, mein kleiner Sohn einen Cordstrampler. Man kann sich nicht dsagegen wehren.
Kommentiert von: obdulmx2 | Dienstag, 06. Februar 2007 um 14:41 Uhr