Ein ziemlich engecremt glänzender, teuer gekleideter Herr Mitte Vierzig betrat die Bahn. Er hätte Klasse ausssehen können, wäre da nicht diese halbseidene Schlawinerausstrahlung, die zeigte, das er sich zum Gelderwerb wohl nicht so ganz zwischen Samen- und Sonnenbank entscheiden kann. Seine kross gebrutzelte Gesichtshaut erinnerte mich jedenfalls an meinen alten Skilehrer bei der Bundeswehr, Fähnrich Binnewies.
Seine Begleiterin war knapp halb so alt wie er. Mittelblond und hochgewachsen gaben sich süße Unschuld und beginnende Schnalligkeit in ihrem Gesicht ein Stelldichein. Sie trug einen zwei Hand breiten Rock und weiße Strümpfe, die Krankenschwesternnummer. Schnatzig eierstöckelte sie durch die Bahn und ließ sich mit Ledergesicht nah bei mir nieder, wobei der Rock gynäkologische Einsichten erlaubte.
Interessant war das Gespräch, dem ich dann folgen konnte. Sie erzählte von einer Freundin, die sich in einen Clown verliebt hat.
„O Gott“, meinte Lederface „nichts ist schlimmer als Menschen, die in großen Schuhen und mit Plastikglatzen auf dicke Hintern fallen, dabei Wasser verspritzen oder hupen und „schööööööööööön“ rufen. In Wirklichkeit sind Clowns hinter der Bühne schlecht gelaunte, kettenrauchende Alkoholiker, die Mädchen angrabbeln, glaube ich.“
Diese Diktion hätte ich dem Eingeölten gar nicht zugetraut, obendrein fühlte ich beinahe so etwas wie Bruderschaft im Geiste.
„Ja“, erzählte sie weiter und strich sich den Gürtel glatt „er ist eigentlich Kommunikationswissenschaftler...“
„Das hat etwas mit Medien zu tun und nicht mit Kneipe...“, er.
„... und weil er keinen Job bekam, wurde er Clown und tritt auf Kindergeburtstagen und Familienfeiern auf. Sag mal, muss es einem eigentlich egal sein, was der Mann den ich mag, beruflich macht?“
Der Skilehrer dachte eine Weile nach und dozierte dann:“ nein, natürlich nicht. Würdest du mit einem Makler, CDU-Pressesprecher oder Osteuropa-Mädchenhändler gehen wollen?“
Oder einem Lehrer, dachte ich so bei mir und jetzt wußte ich schon mal drei Berufe, die Ledergesicht augenscheinlich nicht bekleidete.
„Das Gewerbe prägt einen Menschen. Und es gibt ja auch noch ehrenwerte Gewerbe. Handwerker zum Beispiel.“
„Und wie hält man es mit Arbeitslosen? Soll man sich in die verlieben?“, fragt sie, „oder sollte man so einen arbeitslosen Privatfernsehprogrammplaner abblitzen lassen?“
„Ich glaube jetzt gehst du zu weit. Aber was ist mit deiner Freundin nun. Muss der Clown sich umschulen lassen, ihr zuliebe?“
„Nene, im Gegenteil. Nach einer Woche hat ihr der Clown den Laufpass gegeben. Weil sie Jura studiert. Er könne sich nicht vorstellen mit einer Rechtsanwältin oder Richterin zusammen zu sein.“
Ich mußte grinsen. Und aussteigen. Ich dachte noch lange über das Thema nach. Darüber, dass ich Erfahrungen mit Sozialpädagogen als Partner habe, einmal einen stürmischen Sommer mit einer Grundschullehrerin verbrachte, meine Schwester mit einem Finanzamtsfritzen glücklich ist und ob Bettina mich wohl auch lieben würde, wenn ich meinen ursprünglichen Traumberuf Müllwagenfahrer verwirklicht hätte???
Da gab es doch neulich eine Studie, die irgendwo in der Knallpresse breitgetreten wurde. Dass letztlich doch alle unter sich bleiben: Lehrerein heiratet nicht Müllkutscher, sorry wth. Und noch einen: Frauen lieben den Sieger, aber nicht den Krieg...
Kommentiert von: obdulmx2 | Montag, 05. Februar 2007 um 15:06 Uhr